WM 2018: Frankreich gegen Argentinien, ist Verlängerung vorprogrammiert?

Das nominell aufregendste Achtelfinale der WM steht gleich am Samstag an: Mit Frankreich und Argentinien treffen schon früh zwei Top-Teams aufeinander. Betrachtet man jedoch die bisherige Turnierleistung beider Länder, droht ein höhepunkt-armes Spiel – trotz Messi, Pogba, Griezmann und Co.

Mit einem gellenden Pfeifkonzert ließen sowohl die eigenen als auch neutrale Fans die französische Nationalmannschaft wissen, was sie von der Leistung der Equipe Tricolore im letzten Gruppenspiel gegen Dänemark hielten. „Wir brauchen Fans, keine Zuschauer”, kritisierte Mittelfeldmann Paul Pogba anschließend die Reaktion des Publikums. Dabei war diese durchaus nachvollziehbar: Das zähe Ballgeschiebe ohne Tempo und Zug zum Tor, das vor allem Frankreich, aber auch Gegner Dänemark boten, war der vorläufige Tiefpunkt des bislang ohnehin schwerfälligen Auftritts des französischen Starensembles bei dieser Weltmeisterschaft.

Erfolgreich, aber auch erfolgversprechend?

Das beiden Teams das 0:0 am Ende zum Einzug ins Achtelfinale reichte – Frankreich war ohnehin schon qualifiziert – erklärte den schwachen Auftritt nur teilweise. Mit sechs Änderungen in der Startelf bot Trainer Didier Deschamps einigen Spielern aus der zweiten Reihe die Chance, sich selbst in den Blickpunkt zu rücken und Druck auf ihre Vordermänner auszuüben. Das gelang jedoch höchstens Steven N’Zonzi vom FC Sevilla, der im zentralen Mittelfeld eine ordentliche Leistung zeigte.

Was jedoch nicht erst gegen Dänemark, sondern auch schon bei den mühsamen Siegen gegen Australien und Peru auffiel: Das Zusammenspiel im wertvollsten Kader der WM funktioniert bislang nicht. Nur äußerst selten schaffen es Griezmann, Pogba und die schnellen Außen wie Lemar, Démbélé und Mbappé mit Tempo und flüssigem Kombinationsspiel zu Chancen zu kommen. Drei Turniertore stehen für die scheinbar überbesetzte Equipe bislang zu Buche. Ein Elfmeter, ein Eigentor und ein Abstauber, der nach Girouds abgefälschtem Schuss zufällig bei Mbappé landete. Gegen Gegner wie Belgien, Spanien, Kroatien oder eben Argentinien wird das wohl kaum reichen. Fraglich, ob die wohl talentierteste Mannschaft in Russland im Achtelfinale ein paar Gänge zulegen kann und den Fußball bietet, den die Namen eigentlich versprechen.

Positiv fiel bislang lediglich die Verteidigung auf. Mit 23,3 Jahren im Schnitt die jüngste Abwehr der WM, überzeugten Hernandez von Atletico Madrid, Reals Varane und Barcelonas Umtiti sowie der Stuttgarter Benjamin Pavard in den ersten beiden Partien, bevor Deschamps im letzten Spiel durchwechselte. Vor allem Pavard, den nicht nur Wettanbieter Interwetten zu den größten Talenten der WM zählt, überrascht trotz geringer Erfahrung auf Top-Niveau mit starkem Stellungsspiel und viel Ruhe am Ball. Erst vor rund einem Jahr stieg der 22-Jährige mit dem VfB in die Bundesliga auf. Nun wird er aller Voraussicht nach im WM-Achtelfinale gegen Argentinien starten. 

Argentinien mit Stolperstart

Ähnlich schwer taten sich zunächst auch die Argentinier, die im Auftaktspiel nur zu einem 1:1 gegen Island kamen. Was dann folgte, sah eigentlich aus wie der sichere Abschied aus dem Turnier: Das 0:3 gegen Kroatien offenbarte nicht nur erstaunliche Planlosigkeit im Angriff, sondern auch eklatante Abwehrschwächen. Prompt geriet Trainer Sampaoli massiv in die Kritik, der zudem mit Angel Di Maria, Paulo Dybala und Gonzalo Higuain drei Top-Spieler auf der Bank ließ. Eine Entscheidung, die aber auch die Unausgeglichenheit im Kader bestens veranschaulichte: Während vorne neben Messi mit Aguero, Higuain, Dybala, Di Maria und Pavon gleich fünf Top-Spieler um zwei Positionen streiten, fehlen im Mittelfeld und der Abwehr die Alternativen, zum Beispiel zum schwächelnden Javier Mascherano. Hoffnungsträger Giovani Lo Celso hingegen bekam bislang noch keine echte Chance, sich zu zeigen.

Rehabilitation gegen Nigeria

Als gegen Nigeria alles auf dem Spiel stand, zeigte Argentinien dann jedoch Klasse. Durch die günstige Tabellenkonstellation und danke der Schützenhilfe von Kroatien reichte ein glanzloser, aber über weite Strecken überzeugender 2:1-Sieg zum Weiterkommen. Vor allem das Traumtor von Lionel Messi nach perfekter Vorlage von Ever Banega gab den argentinischen Fans die Hoffnung zurück. Ohne Messi in Top-Form stehen die Chancen schließlich schlecht. Für den fünfmaligen Weltfußballer ist es wahrscheinlich die letzte Chance, seine einzigartige Karriere mit einem Titel im Trikot der Nationalmannschaft noch weiter zu veredeln. Ein erneutes Scheitern wird wohl seinen Rücktritt bedeuten, der diesmal, anders als 2016, endgültig sein dürfte.